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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Der Fall Arbogast – Roman

Guten Morgen zusammen!

Krimis schreiben kann er also auch, der Thomas Hettche!
Wobei die Bezeichnung „Krimi“ im Falle dieses Buches dennoch nicht ganz zutreffend ist:

Der Fall Arbogast
Von Thomas Hettche

Denn für die Geschichte, welche dieses schon 2001 erschienene Buch behandelt, gibt es – ähnlich wie in Pfaueninsel und Herzfaden auch wieder eine reale Vorlage, an die der Autor sich weitgehend hält und um die herum er die Handlung seines Roman aufbaut:

Den historischen Kriminalfall um Hans Hetzel , der in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts aufgrund eines Justizirrtumes zu lebenslänglich Zuchthaus verurteilt wird und sechzehn Jahre unschuldig in Haft sitzt, bis in einem aufsehenerregenden Prozess Ende der 60er Jahre durch neue Gutachten von Gerichtsmedizinern seine Unschuld bewiesen werden kann.

Und das auf wirklich grandiose Art und Weise in der Rolle eines distanzierten Erzählers, der beinahe emotionslos und ohne jegliche Wertung die realen Fakten des Falles Hetzel mit einer fiktiven Handlung um seinen Protagonisten Abrogast, den Schriftsteller Sarrazin , den Anwalt Klein und die in Ost-Berlin lebende Gutachterin Lavan verknüpft und daraus eine wirklich spannende Geschichte macht, die nicht nur eine Anklage auf Justiz und die Zustände im Strafvollzug jener Zeit darstellt, sondern mich als Leser auch immer wieder zu der Frage führte, wie ich selbst wohl Schuld oder Unschuld des Hans Abrogast beurteilt hätte.

Was Hettche durch zwei Kunstgriffe erreicht:

Zum einen stellt er der eigentlichen Handlung des Buches auf den ersten Seite eine Schilderung der kurzen Liebesgeschichte und dem daraus folgenden heftigen sexuellen Abenteuer zwischen Hans Abrogast und seinem „Opfer“ Marie Gurth voraus, die durch ihr Verhalten beide eigene Anteile am später als eher unfallhaft erscheinenden Geschehen haben – und zum Anderen ist die folgende Geschichte von erster Gerichtsverhandlung, Abrogasts Haftzeit und den Ereignissen um ein Wiederaufnahmeverfahren herum streng chronolgisch aufgebaut, so dass man als Leser (obschon man den Ausgang der Geschichte ja kennt) eigentlich nie mehr weiss als die handelnden Personen und auch die Zweifel teilt, die dadurch bei allen Beteiligten immer wieder auftauchen.

Zumal auch die vorausgeschickte und teils eher unappetitliche Schilderung der eigentlichen Tat einige (möglicherweise auch von eigenen Moralvorstellungen geprägte) Interpretationsspielräume lässt, obschon sie wirklich nur reine Fakten erzählt.

Was mir beim Lesen (also im chronologischen Verlauf der Handlung) sowohl die ursprüngliche Verurteilung als auch den späteren Freispruch als zum jeweiligen Zeitpunkt beinahe zwingend und plausibel erscheinen lies, auch wenn am Ende die Frage nach der Schuld des Hans Abrogast nicht wirklich geklärt erscheint und offen bleiben muss….

Alles in allem also ein wirklich tolles Buch, dass es mir wieder einmal schwer machen wird, ähnlich guten Lesestoff als Anschluss zu finden. Deshalb auch hier:

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Der Klappentext, dessen letzten Satz ich wirklich nur bestätigen kann zumal das Buch auch eine gewisse „Mitschuld“ daran trägt, dass ich gestern hier nichts geschrieben habe…..:

Nur Hans Arbogast weiß, was damals wirklich geschah – am Abend jenes Spätsommertags 1953, als die junge Anhalterin Marie Gurth zu ihm in sein Borgward Coupé stieg. Das Gericht folgt dem Plädoyer des Oberstaatsanwalts: lebenslanges Zuchthaus für den »Lustmörder«.
Die Geschichte einer leidenschaftlichen Begegnung und ein Stück deutscher Justiz- und Nachkriegsgeschichte aus den Jahren 1953 bis 1969, zwischen Schwarzwald und Tessin, Frankfurt und Ostberlin. Thomas Hettches Roman erzählt eine Liebesgeschichte, deren Kehrseite der Tod ist, von einem Vertreter für Billardtische, dem das Zuchthaus in vierzehn Jahren zur zweiten Haut wird, von Publizisten, Anwälten und einer Gerichtsmedizinerin aus der DDR – von Menschen, die sich alle in den Fall Arbogast verstricken, in die bleibende Frage nach Unschuld oder Schuld.

»Ein Buch über eine Liebe, die die Welt nicht versteht. Man bleibt schlaflos, bis man zu Ende gelesen hat.« Buchjournal

Amazon

Habt alle einen feinen und friedvollen Sonntag und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

wieder einmal auf der Suche nach neuem Lesestoff…….


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- 3 Bemerkungen zu “Der Fall Arbogast – Roman

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