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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Der Fall Scholl – Dokumentation

Hallo am Dienstagmorgen!

Nun also True -Crime? So Tief bin ich gesunken?

Wobei – ich geb es zu- dieses Buch wirklich nur sowas wie eine Zwischen- bzw. Verlegenheitslösung war, um wenigstens im Genre zu bleiben solange ich noch auf das – nur noch antiquarisch und in Papierform erhältliche – Buch warten musste, was ich eigentlich im Anschluss an die Arbogast-Geschichte lesen wollte.

Und das ist dann gleich auch noch ein wenig Beschäftigungs-Therapie (also einen sinnvolle Tätigkeit für mich!) weil ich das der besseren Lesbarkeit wegen natürlich zuerst mal in ein E-Book umfrickeln werde.

Aber dazu dann mehr, wenn es soweit ist.
Denn hier soll es jetzt ja eigentlich um dieses Buch gehen:

Der Fall Scholl
Von Anja Reich

Wozu ich voraus schicken möchte, dass sich diese „Verlegenheitslösung“ tatsächlich als ausgesprochen spannend und gut lesbar erwiesen hat und ich durchaus angetan von der Art und weise bin, wie dieser reale Kriminalfall um Heinrich Scholl, den ehemaligen Bürgermeister von Ludwigsfelde aufbereitet und zusammengefasst wurde: Sachlich, völlig neutral, ohne jegliche Sensationsgier und Schuldzuweisung oder auch nur Vermutung abseits der tatsächlich feststehenden Fakten.

Zum Inhalt:

Der ehemals gefeierte Bürgermeister von Ludwigsfelde, Heinrich Scholl, wird im Januar 2011, nur wenige Wochen nach den Tod seiner Ehefrau als dringend tatverdächtig verhaftet, nachdem diese wenige Tage nach ihrem Verschwinden erdrosselt in einem Waldstück aufgefunden wurde und einige Monate später nach einem längeren und aufsehenerregenden Indizienprozess zu lebenslänglicher Haft wegen Mordes verurteilt.
Wobei die Beweislage wohl nicht so eindeutig war, wie das Urteil vermuten lässt, denn in der Spurenlage und in den beinahe einhundert Zeugenaussagen scheinen auch etliche Unstimmigkeiten auf, die bei anderer Wertung dieser Beweise wohl auch zu einem Freispruch hätten führen können….

Unstimmigkeiten, die Anja Reich sehr detailliert aufdröselt, wie auch die Vorgeschichten und die Biographien der beiden Eheleute, die ein halbes Jahrhundert vor der Tat weniger aus Liebe geheiratet hatten, sondern eher ein Zweckbündnis eingegangen sind, was zu einer Win-Win-Situation für beide wurde. Obwohl sich seinerzeit schon abgezeichnet hatte, welche Problematik sich hinter der nach aussen harmonisch erscheinenden Fassade der langjährigen Ehe auftun könnte.
War doch der Heinrich Scholl auf keinen Fall die „erste Wahl“ seiner schon damals sehr dominanten Frau Brigitte, sondern allenfalls „Retter in der Not“, um den mit einem anderen Mann gezeugten Sohn in ehelichem Rahmen auswachsen zu lassen…
Und so zeichnet dieses Buch dann auch ein Bild dieser Ehe, dass durchaus eine Erklärung für einen Mord abgeben könnte, nachdem es mehrere erfolglose Ausbruchsversuche des in seinem Amt sehr erfolgreichen Bürgermeisters gab, die aber alle mit einer reumütigen und beinahe devoten Rückkehr zu seiner Frau endeten….
Aber auch er selbst ist nicht ohne Fehl und Tadel mit seinem langjährigen Doppelleben und wechselnden Geliebten, seiner Geheimnistuerei und nicht zuletzt auch mit seinem undurchsichtigen Verhalten nach dem Auffinden seiner ermordeten Ehefrau.

Also durchaus eine spannende, gut recherchierte und gut zu lesende Geschichte, auch wenn am Ende zwangsläufig eine eine Reihe Fragen offen bleiben müssen.
Auch das ist ein Pluspunkt dieses Buches, weil Anja Reich sich nicht zu Spekulationenen hinreissen lässt und auch den Heinrich Scholl in Zitaten aus mehreren Interviews aus der Zeit nach der Verurteilung unkommentiert zu Wort kommen lässt…
Deshalb gibts von mir auch die volle Punktzahl:

-_-_-_-

Der Klappentext:

An einem kalten Dezembermorgen im Jahr 2011 wird in einem Waldstück in der Nähe von Potsdam die Leiche einer Frau gefunden. Versteckt zwischen hohen Kiefern, unter trockenem Laub und Moos. Kaltblütig erdrosselt. Ihr Ehemann, Heinrich Scholl, ist am Boden zerstört. Er war der erfolgreichste Bürgermeister des Ostens, schuf kurz nach der Wende Tausende von Arbeitsplätzen, wurde viermal wiedergewählt. Er galt als zuvorkommender, warmherziger, ehrlicher Mensch. Und führte seit fast fünfzig Jahren eine scheinbar harmonische Ehe … Anderthalb Jahre später wird Heinrich Scholl in einem spektakulären Indizienprozess zu lebenslanger Haft verurteilt. Bis zuletzt beteuert er seine Unschuld – und schweigt zu der schwerwiegenden Anklage.
Die Reporterin Anja Reich hat den Prozess von Anfang an begleitet. Sie führte lange Gespräche mit Heinrich Scholl und hat den Fall von Grund auf neu recherchiert: Kann dieser Mann ein Mörder sein?

Amazon

Habt alle einen schönen Tag und noch eine feine restliche Woche – und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der den gestrigen Tage fast ausschliesslich mit Lesen und Schlaf nachholen verbracht hat…. aber heute wohl auch noch über etwas anderes als Bücher schreiben wird….


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- 3 Bemerkungen zu “Der Fall Scholl – Dokumentation

  1. Also wirklich eine echte Geschichte? Man hört ja hin und wieder mal von Fällen ungerechtfertigter Verurteilung, die dann Leben zerstört, wobei ja auch schon der Verdacht und beginnende Ermittlungen lebenszerstörend sein können.
    Danke für das Vorstellen dieses Buches.

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