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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

… and the Winner is:

Moin allerseits!

Jedes Jahr – oder besser: Alle Jahre wieder – füllt sich in der Vorweihnachtszeit unser Briefkasten mit einer Art von Post, die in mir immer sehr gemischte Gefühle auslöst:
Mit Bettelbriefen aller Art, die Spendengelder für alle möglichen Projekte einwerben sollen, dabei sämtliche Einträge in Robinsonlisten u.Ä. missachtend, mit denen unverlangte Werbung ja eigentlich eingedämmt werden sollte.

So wie dieses Exemplar, was sich gestern als absoluter Sieger des diesjährigen Spendenmarathons in unserem Briefkasten fand, obwohl ich dieser Art von Werbung bei dem Absender schon vor langer Zeit auch direkt widersprochen habe, nachdem unser Eintrag in der Robinsonliste widerholt nicht fruchtete:

Immerhin mit dem Erfolg, dass seitdem nicht mehr ich der Empfänger bin, sondern der dicke Brief von gestern jetzt an meine Liebste adressiert ist und nun wohl trotzdem unbeachtet ins Altpapier wandert.

Denn – obschon wir gerne und auch regelmässig etwas von unserem Geld abgeben – z.B. an Ärzte ohne Grenzen oder für die Seenotrettung im Mittelmeer:
Von uns bekommt prinzipiell niemand etwas, der meint, einen Teil der Spendengelder in derart aufwändige Werbekampagnen investieren zu müssen und damit den Empfängern Geld vorenthält, das eigentlich für sie bestimmt ist.
Wobei wir sicher nicht die einzigen sind, die derartige Post ungelesen entsorgen und sich nicht unerheblich über die unnütze Ressourcenverschwendung an Geld und Rohstoffen ärgern, die damit verbunden ist, wenn derartige Briefe zehntausendfach, oder wie hier: hundertausendfach nach dem Giesskannenprinzip gestreut auf die Reise gehen.

Aber dennoch scheint sich der Aufwand für die Absender wohl irgendwie zu lohnen, sonst hätten sie von dieser Art der Bettelei wohl schon lange Abstand genommen. Weil es leider immer noch Leute gibt, denen der mitleidheischende, ja schon fast an moralische Erpressung grenzende Inhalt derart aufgemachter Bettelbriefe Grund genug ist, im guten Glauben ihr Portemonnaie weit aufzumachen. – nicht ahnend, dass von ihrer Spende kaum mehr als die Hälfte wirklich bei den Empfängern ankommt:

51,2 Millionen Euro hat das päpstliche Missionswerk 2020 eingenommen, und wer vorn im Bericht an den großen Bildern kleben bleibt, der muss glauben: Das Allermeiste davon landet in armen Ländern. Bei Pfarrern und Nonnen, die Gutes tun, bei der kirchlichen Nothilfe in den Jammertälern der Erde.

Schön wär’s.

Tatsächlich bleibt ein großer Batzen dort hängen, wo die Not am kleinsten ist: in Deutschland und in der tipptopp renovierten Missio-Zentrale.

Jenseits der schönen Fotos kann man weiter hinten im Jahresbericht sogar die Zahlen finden, die in dieses Bild zu passen scheinen. Sortiert nach Weltgegenden, steht dort, wie viel Geld Missio für Projekte im Ausland bewilligt hat – 28,7 Millionen Euro. Bleiben demnach 22,5 Millionen übrig, die offenbar in Deutschland geblieben sind. Mehr als 40 Prozent.

Spiegel Online am 20.05.2022 , leider hinter der Bezahlschranke

Was für uns nur ein Grund mehr ist, den Geldbeutel fest geschlossen zu halten, wenn derartige Briefe kommen – denn auch bei anderen Spendensammlern dieser Art sehen die Zahlen nur unwesentlich anders aus, egal unter welchem Logo sie firmieren. Da sind sie halt alle irgendwie gleich in ihrem Geschäftsmodell. Mindestens ein Viertel der Spenden bleibt da meistens in der eigenen Organisation hängen, oft sogar noch mehr.


Wobei am Besten meist noch echte Non-Profit-Organisationen abschneiden, deren Verwaltungsaufwand wesentlich geringer ist – bei Ärzte ohne Grenzen beispielsweise liegt der bei 10-15%, bei der Welthungerhilfe sogar nur bei 5%, um mal zwei Beispiele zu nennen.‘
Und dann gibt es ja auch noch lokale Organistionen – wie hier in Hamburg den Gabenzaun für Obdachlose, der auch gerne Sachspenden annimmt, die auf jeden Fall zu hundert Prozent bei den Bedürftigen ankommen, ohne dass dafür massiv die Werbetrommel gerührt werden müsste oder grosser und exorbitat teurer Verwaltungsaufwand im Hintergrund steht.

Und ähnliches dürfte es vermutlich auch in Eurer Stadt oder Eurer Region geben?

Falls nicht, hilft möglicherweise auch diese Adresse weiter, falls ihr etwas Gutes tun wollt: Spendensiegel des DZI


In diesem Sinne:
Habt alle einen feinen und entspannten Sonntag – und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

für den dieser Bettelbrief jetzt wenigstens noch als abschreckendes Beispiel gut war, bevor er ungeöffnet und ungelesen in die Altpapiertonne wandert…..


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- 16 Bemerkungen zu “… and the Winner is:

    1. Was mal wieder zeigt, das keiner vor dem Mist verschont bleibt – und wieviel Geld dabei von den Organisationen unnötig verpulvert wird, das eigentlich den Spendenempfängern zusteht. (dieser Brief von Missio im Vierfarbdruck dürfte pro verschicktem Exemplar etwa 50-60 Cent kosten – davon alleine 36 Cent für Porto – rechne das mal hoch auf die Hundertausende von Exemplaren, in denen der jetzt unterwegs ist)

  1. Da ich mir die Mühe mache, jeden Absender solche Briefe anzuschreiben und mir weitere Zusendungen zu verbitten, sollte sich das Aufkommen in Grenzen halten. Auch diese herzerweichenden Postkarten von irgendwelchen angeblichen Fußmalern hatten wir schon lange nicht mehr.

    1. Stimmt – aber die hatte ich auch in keiner Weise vermisst.
      Zumal das ja noch perfider ist – und die Wirksamkeit der moralischen Zwickmühle noch erhöht.
      Behältst Du unverlangt zugesendeten die Karten ohne Spende, ist das ja schon fast eine ungerechtfertigte Bereicherung. Schickst Du sie zurück (natürlich unfrankiert – wie ich das bisher immer mache) , erscheinst Du nach aussen zumindest als hartherzig und empathielos den armen Künstlern gegenüber…

      Was also bleibt?
      Genau: Spenden fürs gute Gewissen, wenn auch mit einem Grummeln im Magen.

  2. Vielen Dank für deinen Beitrag, mit Zufriedenheit habe ich gerade zwei Organisationen in Münster in der Liste gefunden, für die ich bereits mal gespendet habe.

    Was dort nicht gelistet ist, ist die Sozialstiftung meines Arbeitgebers. Die ist allerdings auch nicht frei zugänglich, sondern ist nur meinem Arbeitgeber + seinen Mitarbeitern vorbehalten.
    Mitarbeiter können sich an gezielten Spendenaufrufen beteiligen und der gesammelte Betrag wird dann verdoppelt. Unterstützt wird dann direkt vor Ort.
    Ansonsten werden die Kosten für die Sozialstiftung vom Unternehmen getragen. Die Stiftung kümmert sich ständig um die soziale Unterstützung von Mitarbeitern und Einrichtungen.

    1. Das ist mir auch ein echtes Anliegen:
      Nicht nur die unseligen Werbekampagnen der (oft leider auch kirchlich verbrämten) Spendensammler aufs Korn zu nehmen, sondern auch aufzuzeigen, dass es Alternativen gibt, bei denen die Spende wirklich denen zugute kommt, für die sie bestimmt ist.

      Und dabei auch nicht die zu vergessen, die in unserer direkten Nachbarschaft Hilfe benötigen…
      denn Not gibt es ja nun mal leider auch bei uns vor der Haustüre…

      Insofern gefällt mir auch die Idee des Sozialfonds – wie bei Deinem Arbeitgeber – ziemlich gut und unbedingt unterstützenswert.

  3. Ich schicke solche Post immer zurück, natürlich auch unfrankiert. Mir hat mal jemand gesagt, wenn man das konsequent macht hören die Sendungen irgendwann auf. Ich habe von einer Tierschutzorganisation sogar mal ein bedrucktes T-Shirt bekommen. Das hat mich so geärgert. Mich stört wirklich das was du auch beschreibst. Würden diese Organisationen das Geld besser dafür verwenden wofür sie von mir Geld erbetteln wäre es besser angelegt. Es muss sich aber trotzdem lohnen, sonst würden sie vielleicht damit aufhören.

    1. Nicht umsonst kommt diese Bettelflut ja meistens vor Weihnachten. Bis zu einem gewissen Grad habe ich sogar Verständnis dafür, dass die auch Werbung für ihren „guten Zweck“ machen müssen.
      Wir spenden jeden Monat feste Beträge per Dauerauftrag und immer mal wieder spontan für bestimmte Aktionen, gerade im Winter für Obdachlosenunterbringungen z.B. durch die Heilsarmee oder andere, die Hotelunterbringungen organisieren, damit die Menschen mal zur Ruhe kommen und auch tagsübe ein Dach über dem Kopf haben. In Hamburg müssen sie die Notunterkünfte tagsüber verlassen, was mich schon seit Jahren aufregt.

    2. Das lohnt sich für die Spendensammler unbedingt, wie man an manchen Zahlen ablesen kann, die in den Jahresberichten veröffentlicht werden.

      Missio ist dafür nur ein Beispiel und sicher noch nicht die Spitze des Eisberges, zumal ich gestern bei meiner Recherche zu diesem Beitrag auch an zwei Stellen Hinweise gefunden haben, dass manche dieser Organisationen tatsächlich nur ein Viertel der Spendensumme ausschütten, die sie bei Strassensammlungen einheimsen – ASB und Rotes Kreuz waren da mal in den Schlagzeilen – beide mit Subunternehmen, die ihre Sammler im ASB- oder DRK-Outfit auf die Strasse schickten und die Hälfte der eingesammelten Gelder zur Bezahlung ihrer Drückerkolonnen einbehalten durften – zuzüglich den 25% , die dann noch in den Verwaltungen der jeweiligen Organisationen hängen blieben….

      1. Dem Roten Kreuz spende ich nicht mal den Dreck unter meinen Fingernägeln. Da weiß man doch schon lange, wer sich da die Taschen voll macht und spätestens seit dem schon unsittlichen Stellenangebot an Dich, sind die bei mir komplett unten durch. Waren sie aber vorher schon. Die verdienen auch ordentlich an Kleidersammlungen und Blutspenden. Andere zahlen dafür ja wenigstens noch Aufwandsentschädigungen die, die Blut spenden. Beim Roten Kreuz geht das über sozialen Druck, gerne auf dem Dorf

  4. Bei mir kommt ein „Annahme verweigert, unfrei zurück an Absender“ darauf und landet im nächsten Briefkasten. Rechne ich mit einem Freiumschlag im Inhalt (z.B. Werbung für Mitgliedschaft) packe ich alles fein säuberlich in den Freiumschlag, incl. Versandhülle, und schreibe vorher auf den vorgefertigten Antrag dick „Werbung unerwünscht“ und ab geht es in den Briefkasten – von diesen Firmen kam nur einmal Werbung B-)

    1. Erst mal: Herzlich Willkommen, Brigitte :-)

      So, wie Du es machst, habe ich es auch schon lange praktiziert – allerdings mit sehr durchwachsenem Erfolg. Wirklich hilfreich war aber in dem Zusammenhang der Eintrag in die
      Robinsonliste und ein fetter Aufkleber auf dem Briefkasten zur Abwehr von Werbeflyern und Postwurfsendungen. Seither kommt wirklich fast nichts mehr an Werbung, ausser wenigen dieser Bettelbriefe, deren Versender sich nicht an diese Liste zu halten müssen glauben und – sehr zu meinem Ärger: Parteiwerbung, die von Wahlhelfern der Parteien verteilt wird

      1. Ich habe gerade gelesen, dass ein Eintrag in die Robinson-Liste nur fünf Jahre gültig ist. Ich habe meinen gerade mal flugs erneuert.
        Wobei ich gerade irritiert bin, weil ich eine andere Seite dazu hatte. Auf die mich übrigens Missio selber aufmerksam gemacht hat:

        https://www.ichhabediewahl.de/

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