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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Stille Strasse – Roman

Tja, was soll ich schreiben zu diesem Buch, das in weiten Teilen eher einem Groschenroman ähnelt, als wirklich guter Literatur?

Vielleicht erst mal, wie ich darauf gekommen bin, es zu lesen:

Stille Strasse
von Rudolf Nährig

Aufmerksam geworden darauf bin ich im Frühjahr, als der Autor, ehemals Oberkellner im Hamburger Hotel Vier Jahreszeiten; als Gast in einer Sendung des NDR auf dem roten Sofa sass und sein Buch vorstellte – welches angeblich im Hamburger Ortsteil Barmbek spielen soll – zu dem ich ja in beruflicher Hinsicht eine sehr innige Beziehung hatte und den ich grösstenteils so gut kenne wie den Inhalt meiner Hosentaschen.

Und dazu kam auch noch der Klappentext, der allerdings (im Nachhinein betrachtet) deutlich mehr verspricht als das Buch am Ende hält:

In der Stillen Straße kennt jeder jeden. Und jeder beobachtet jeden. Da wären der verkappte Nazi Riegler und der ehemalige Polizist Friedmann, die beide Augen auf die alkoholkranke Mittvierzigerin Margarita geworfen haben. Trennungen und Trauerfälle rütteln die Menschen schmerzhaft aus ihrem eingefahrenen Alltagstrott und zwingen sie, einander und sich selbst in neuem Licht zu betrachten.
Rudolf Nährig erzählt einfühlsam von den Schicksalen seines vielfältigen Figuren-Ensembles, das sich aus den verschiedensten, in der fiktiven Stillen Straße aufeinanderprallenden Milieus zusammensetzt.

Aber selbst wenn man dem Buch zugute hält, dass es als Roman reine Fiktion ist (wie sie dem Wunschdenken des Autors entspringen mag), so ist es doch meilenweit von dem entfernt, was ich in Barmbek als Realität kennen gelernt habe.
Eine nachbarschaftliche Konstellation der der Art, wie das Buch sie beschreibt, ist mir jedenfalls dort nie begegnet, wenn mir auch einige der „Typen“ sehr bekannt vorkommen, die Nährig in seinem Werk auftreten lässt. – teils sehr klischeehaft skizziert, teils liebevoll ausgemalt und beinahe durchgängig mit Attributen behaftet, wie ich sie eher in einem Arztroman der billigsten Sorte verorten würde.
Was in gewisser Weise auch auf seinen eher betulichen und wie „aus der Zeit gefallen“ wirkenden Schreibstil zutrifft.

Dennoch habe ich das Buch bis zum Ende gelesen, weil ich zumindest einen Handlungsstrang so interessant fand, dass ich mich gefragt habe, wie der am Ende aufgelöst wird:
Dabei geht es um einen alternden Schwulen, der nach dem Tod seines langjährigen Lebensgefährten nun einem Weg zurück ins Leben finden möchte und (um seiner Einsamkeit zu umgehen) dafür die Dienste eine Partnerschaft-Vermittlung in Anspruch nimmt, ohne seine sexuelle Ausrichtung zu benennen – ergo an eine Frau vermittelt wird…..

Darin wäre sicher einiges Potential gewesen (auch für ein ganzes Buch), welches Nährig leider überhaupt nicht nutzt, wie auch nicht im Bezug auf die anderen gut zwanzig Charaktere, die er alle gleichwertig und bemüht wertungsfrei nebeneinander stellt ohne weiter in die Tiefe zu gehen… obschon jede für sich genommen gut für eine ganze Tragödie (oder Komödie?) gewesen wäre.
Und tatsächlich hätte ich einige der handelnden Personen gerne besser kennengelernt – weniger wäre also in diesem Fall mehr gewesen.

Also lässt mich dieses Buch am Ende dann auch etwas ratlos zurück, obwohl es (erwartbar) durchaus sowas wie ein Happy End hat.

Entsprechend fällt deswegen auch meine Bewertung aus:

Für mehr als die halbe Punktzahl reicht es aus meiner Sicht nicht, zumal ich mehr als einmal überlegt habe, ob ich mir das noch weiter antun und das Buch wirklich zu Ende lesen möchte.


Habt noch einen schönen Tag und bleibt wie immer gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

(der nun wieder etwas „ordentliches“ liest)


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