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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Wiedersehen mit der
schönen neuen Welt – Essays

Hallo alle zusammen!

Nachdem ich ja ganz begeistert von Aldous Huxley’s „Schöne neue Welt“ war – und insbesondere auch von dem darin im Anhang angefügten Vorwort einer später erschienenen Ausgabe, in dem er selbst sich kritisch mit seiner ursprünglichen Utopie auseinandersetzt, war es fast logisch, dass ich mir seinen Anfang der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts erschienenen Essayband auch noch zu Gemute führe, mit dem er dreissig Jahre nach erscheinen des ursprüngliches Romanes nochmal auf dessen Inhalte eingeht:


Wiedersehen mit der schönen neuen Welt
Von Aldous Huxley

An sich ja ein durchaus spannender Ansatz, den Huxley da gewählt hat, denn im Roman hatte er ja eine Welt vorgestellt, der weitab von allem war, was man sich um 1930 herum vorstellen konnte, mit einem Gesellschaftssystem, das pyramidenartig auf Kasten aufgebaut war mit einer kleinen Schicht von Herrschenden an der Spitze und einer grossen Basis an beinahe gesichtslosen Arbeitern , die genetisch und durch permanente Gehirnwäsche schon von der Zeugung im Reagenzglas an und während ihrer Kindheit auf ihre Aufgaben und ihre Stellung im System vorbereitet werden.
Konsum und Genuss sind die Maximen, auf denen dieses System fusst, in dem Individualität und selbständiges Denken und Handeln verpönt sind…..

Darauf geht Huxley auch in seinen Essays nochmal ein, zum Teil seine Ideen sogar noch vertiefend und verfeinernd und in einer Perspektive aus den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts hinaus ins damals aktuelle Weltbild einordnend.
So sieht er beispielsweise die kommende Überbevölkerung der Erde für die Zukunft als ein grosses Problem, dass wohl nur durch Geburtenkontrolle und eine entsprechende Beeinflussung („Propaganda“) der Menschen in den Griff zu bekommen sei.
Konsum und wirtschaftliches Wachstum sei dabei ein positiver Anreiz, denn „glückliche Menschen sind leichter zu überzeugen“ – eine These, zu der er sich auch nicht scheut, Hitlers Nazi-Deutschland als Beispiel zu bemühen……(allerdings ohne Hitlers Ziele insgesamt gut zu heissen). Das alte römische System von „Brot und Spielen“ also mal wieder….
Die Individualität einzelner Menschen sei dabei dem grossen Ziel unterzuordnen, zumindest soweit es die „grosse Masse“ beträfe.

Ich gebe zu: auf mich wirkte das beim Lesen schon mehr als krude, zumal Huxley andere Aspekte eher vernachlässigt, die sich zumindest auch Mitte des letzten Jahrhunderts schon abzeichneten – wie etwa die Endlichkeit von Rohstoffen und Energie, Umweltverschmutzung, soziale Konflikte durch wirtschaftliches Gefälle und auch die Spaltung der Welt in unterschiedliche Macht- und Wirtschaftsblöcke. All dies kommt in seinen Überlegungen kaum vor und wird allenfalls mit kurzen Bemerkungen abgetan („Atomkraft“ als Segen????)

Selbst wenn ich Huxley zugute halte, dass er in seinen Texten manches nicht berücksichtigen konnte, was wir heute – sechzig Jahre später – wissen:
Manche seiner Überlegungen waren auch für damalige Verhältnisse schon harter Tobak, und sie sind für mich als Leser in unserer Zeit nahezu unerträglich, selbst wenn sie einige Dinge vorweg nehmen, die sich in Ansätzen tatsächlich so entwickelt haben – die allgegenwärtige Berieselung mit Nachrichten und Pseudo-Nachrichten etwa oder die immer subtiler werdende Plazierung von Werbung zum Anheizen eines Konsumes, der nicht auf Nachhaltigkeit, sondern auf schnellen Verbrauch ausgelegt ist…..
Selbst das Kastensysystem gibt es ja inzwischen, wenn auch etwas anders ausgestaltet, als Huxley es vorhergesagt hat: Schliesslich werden viele unserer Konsumgüter heute in Billiglohn-Ländern produziert von Menschen, die wenig Rechte haben und deutlich schlechter gestellt sind als wir, die wir ihre Produkte konsumieren.

Der Klappentext:

„Seine Analysen basieren auf einem bemerkenswerten, fast übernatürlichen Verständnis der menschlichen Natur und sind auch heute erschreckend aktuell. Aldous Huxley ist zu Recht ein prophetisches Genie und eine der wichtigsten literarischen und philosophischen Stimmen des 20. Jahrhunderts. Die Themen, die in der „Schönen neuen Welt“ anklingen, wie Überbevölkerung, Propaganda, Drogen und Gehirnwäsche werden in 12 Essays vertieft und finden schließlich einen Ausblick, was nötig ist, um eine freie Gesellschaft zu errichten. In „Wiedersehen mit der schönen neuen Welt“ stellt er seine Thesen auf den Prüfstand“

Mein Fazit:

Wirkliche Lösungen bietet Huxley entgegen der vollmundigen Versprechungen des Klappentextes nicht an, zumal er von einigen Utopien aus der „Schönen neuen Welt“ auch nicht abrücken mag.
Insofern hinterlässt dieses Buch auch eher zweispältige Gefühle in mir – und ich gebe zu:
Manchen seiner Überlegungen vermag ich auch nicht zu folgen, weil sie mir selbst aus heutiger Sicht zu extrem und zu weit hergeholt erscheinen
Aber immerhin bieten sie Stoff zum Nachdenken….

Meine Einschätzung deshalb:


Habt noch einen schönen Tag und ein friedliches Wochenende – und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm

der als nächstes vermutlich doch wieder einen Roman lesen wird


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Das geheime Leben der Bäume – Sachbuch

Dass ich mal ein reines Sachbuch in die Hand nehme, ist ein eher seltenes Ereignis und kommt vielleicht ein mal im Jahr vor, wohingegen ich reine Fachliteratur (gerne auch im Netz) schon öfter mal bemühe, um – zielgerichtet – besondere Kenntnisse zu erlangen, die ich zur Lösung eines technischen Problemes brauche oder – früher – aus beruflichen Gründen benötigte.
Und wenn ich mich schon mal zu einem Sachbuch durchringe, dann lese ich es meist nicht mal zu Ende, sondern klappe es irgendwo mittendrin zu, weil das Thema mich zu langweilen beginnt….

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Ganz anders aber mit dem Buch, das ich heute vorstellen möchte, nachdem ich es innerhalb knapp einer Woche zu Ende gelesen habe (und es schon lange Zeit auf meiner Leseliste stand):

Das geheime Leben der Bäume
von Peter Wohlleben

Verbinden sich doch in seinem Text die grosse Liebe des Autors zu seinen Schützlingen, den Bäumen mit seinem sehr ausgeprägten Fachwissen (kein Wunder, er ist Förster von Beruf) und und seiner Fähigkeit zu einem durchaus lockeren und unterhaltsamen Erzählstil, so dass aus der trockenen Materie plötzlich eine spannende und mitziehende Geschichte wird.
Daran haben auch die immer wieder gezogenen Parallelen zwischen der Welt der Bäume und unserer Menschen-Welt einen grossen Anteil und vermitteln die zugrundelegenden wissenschaftlichen Ergebnisse auf eine Art und Weise, dass sie schon auf Anhieb (selbst für mich als absoluten Laien ) absolut nachvollziehbar und plausibel sind – wie auch die Visionen des Autors bezogen auf Umweltschutz und eine Zukunft der Forstwirtschaft, welche im Grossen und Ganzen darauf hinauslaufen, auf menschliche Eingriffe weitgehend zu verzichten und die Natur ihre Dinge selbst regeln zu lassen, statt sie weiterhin bis an die Grenzen des möglichen auszubeuten.
Was aber in der Fachwelt auch auf einigen Widerstand trifft, weil damit natürlich auch kommerzielle Interessen getroffen werden.

Dennoch erscheint mir Wohllebens Sichtweise der bessere Weg zu – analog zu ähnlichen Überlegungen, die in den letzten Jahren im Bezug auf Nutztiere zu mehr und mehr Bedeutung gelangen. Denn auch Bäume sind sicher nicht nur Teil der Schöpfung, um uns Menschen als Material zum Möbelbau, zur Papierherstellung oder zum Verheizen zu dienen, sondern haben einen weit darüber hinausgehenden festen Platz im Ökosystem dieser Welt, von dem auch alle anderen Geschöpfe abhängig sind – nicht nur, was ihre Produktion von Sauerstoff oder die Regulation des Klimas angeht.

-_-_-_-

Kurz zusammengefasst also:

Ich habe mich beim Lesen gut unterhalten und nebenher auch noch eine Menge gelernt, so dass am Ende nur eine Spitzenbewertung stehen kann:

-_-_-_-

Der Klappentext (naja :-( ):

Ein neuer Blick auf alte Freunde

Erstaunliche Dinge geschehen im Wald: Bäume, die miteinander kommunizieren. Bäume, die ihren Nachwuchs, aber auch alte und kranke Nachbarn liebevoll umsorgen und pflegen. Bäume, die Empfindungen haben, Gefühle, ein Gedächtnis. Unglaublich? Aber wahr! –
Der Förster Peter Wohlleben erzählt faszinierende Geschichten über die ungeahnten und höchst erstaunlichen Fähigkeiten der Bäume. Dazu zieht er die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse ebenso heran wie seine eigenen unmittelbaren Erfahrungen mit dem Wald und schafft so eine aufregend neue Begegnung für die Leser: Wir schließen Bekanntschaft mit einem Lebewesen, das uns vertraut schien, uns aber hier erstmals in seiner ganzen Lebendigkeit vor Augen tritt. Und wir betreten eine völlig neue Welt …


Habt einen angenehmen Nachmittag und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:


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