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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Da bin ich wieder

Moin allerseits!

Da bin ich also wieder – die drei Wochen Reha liegen hinter mir.


Drei etwas durchwachsene Wochen, wie ich gleich vorweg anmerken muss, nachdem mir zwar einige Angebote in der Klinik sehr hilfreich waren, andere sich aber wegen meiner ständigen Rückenschmerzen als eher ungeeignet für mich erwiesen.

Der erste Eindruck: Der Charme der späten Siebziger

Doch dazu eventuell später in einem weiteren Beitrag mehr, falls ich nochmal ausführlicher auf die Einzelheiten dieser drei zurückliegenden Wochen eingehe, die in einigen Punkten doch ganz anders verliefen, als ich mir das vorher vorgestellt habe.

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Dennoch ist mein Fazit durchaus positiv, denn es gab ja auch eine Menge Dinge – auch ausserhalb der eigentlichen Therapieeinheiten- , die mir wirklich gut getan haben:
Allen voran die vielfältige, teils sehr in die Tiefe gehende Kommunikation mit einigen meiner Mitpatienten, bei der es sich beileibe nicht immer nur um Krankheiten und Einschränkungen drehte, sondern viel mehr um gemachte Erfahrungen und mögliche Perspektiven (im Sinne einer gegenseitigen Beratung, wobei ich als rein angiolgischer Patient unter den vielen Herzkranken schon eher ein Exot war), man sich auch mal richtig auskotzen konnte, aber auch viel gelacht und rumgeblödelt wurde.

Immer unter dem unabgesprochenen Konsens, das Jammern verpönt ist oder politische Diskussionen weitgehend ausgeklammert werden.

Dreh- und Angelpunkt dabei (die Erfahrung habe ich auch schon in meinen vorhergehenden Rehas gemacht) die Raucherecke etwas abseits des Klinkeinganges, immerhin überdacht und mit Sitzgelegenheiten ausgestattet, wo man meist schnell Kontakt findet und sich eigentlich immer angenehme Gesprächspartner finden lassen – fernab von den teils schwermütigen Zirkeln, die sich ansonsten in den öffentlichen Bereichen der Klinik treffen, um ihre Leidensgeschichten zu teilen – und auch fernab des Schmorens im eigenen Saft in der Tristesse des eigenen Zimmers…

der rote Pfeil zeigt auf den Raucherpavillon – der blaue auf mein Zimmer im ersten Stock – womit jede Zigarette auch gleich mit einer ausführlichen, gut 300 Meter weiten Gehübung verbunden war.
Und tatsächlich bin ich so (das Ausdauertraining und die anderen, nicht minder kurzen Wege in der Klinik eingerechnet) in den drei Wochen fast sechzig Kilometer weit gekommen B-)

Wobei das Frischluft-Rauchen auch noch einen ganz angenehmen Nebeneffekt hatte, als vorletzte Woche die Corona-Welle durch die Klinik schwappte und innerhalb des Hauses Mundschutz und Abstand halten angesagt war: Wir Raucher waren ausserhalb der Therapiezeiten von Morgens bis Abends an der frischen Luft und keiner von uns hat sich infiziert und wurde deswegen zu fünf Tagen „Stuben-Arrest“ verdonnert, bevor er wieder unter Menschen durfte.
Da sage noch einer, rauchen sei schädlich für die Gesundheit ;-)

Mein Zimmer – auch schon in die Jahre gekommen, aber immerhin sauber und noch nicht ganz so „aufgebraucht“ wie die Zimmer in Bad Nauheim.
Eine eigene „Nasszelle“ gabs natürlich auch – ohne Duschvorhang, dafür aber mit Kindergarten-niedrigem Klo, das dem übrigen Mobiliar an Unbequemlichkeit kaum nachsteht.
Der Blick vom Balkon auf Reha-Garten, Speisesaal , Muckibude und Schwimmbad (im Untergeschoss), Parkplatz und Kiefernwald

Woraus Ihr schon schliessen könnt, dass ich während der Reha nicht zum Nichtraucher mutiert bin, obschon ich dort (der gegenseitigen Kontrolle sei Dank!) trotzdem deutlich weniger geraucht habe als vorher zuhause.
Und das wird auch einer der Punkte bleiben, die ich hoffentlich weiterführen kann: Weniger rauchen und wenn, dann nur draussen auf dem Balkon, wie es meine Liebste in den letzten Tagen auch schon praktiziert hat.

BTW: Zum Nichtraucherkurs der Klinik war ich zwar angemeldet, doch der ist leider der Corona-Welle zum Opfer gefallen, wie auch einige andere Dinge, die nicht an der frischen Luft stattfinden konnten…

Positiv auch Teile des umfangreichen Bewegungsprogrammes (mit Ausnahme des Gleichgewichts – und Ausdauertrainings)— mit rückenschonender Einzel-Ergotherapie, Fahrrad-Ergometer und Bewegungsbad (leider viel zu selten für meinen Geschmack, weil jeder dieser Termine nur zwei mal pro Woche stattfand)….
Aber anders war es wohl auch nicht möglich, zumal das HGZ in Bad Bevensen primär Patienten mit Herzerkrankungen behandelt und auf Einschränkungen des Bewegungsappartes kaum eingestellt ist.

Tagesprogramm: der Laufzettel

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Womit ich auch bei den weniger positiven Teilen meines ersten Fazits angekommen bin:

Denn tatsächlich liegt die Klinik weitab des Ortszentrums von Bad Bevensen und ist nur schlecht ( am Wochenende gar nicht) mit öffentlichen Verkehrsmitteln angebunden.
Was für wenig mobile Patienten wie mich dazu führt, dass man sich die ganze Zeit der Reha über nur auf dem Klinikgelände aufhalten kann, wenn man nicht mit dem eigenen Auto angereist ist – mit dem zwar gut sortierten (alles ausser Tabakwaren und Alkohol), aber auch völlig überteuertem Kiosk und der zeitlich stark eingeschränkten Cafeteria als einzigen Einkaufsmöglichkeiten und mangels Geldautomaten auch ohne Chance, an Bargeld zu kommen.

Dabei gab es wohl bis vor einigen Jahren (bis zur Fusion des HGZ mit dem Diana-Klinik-Konzern – in älteren Google-Rezensionen kann man das nachlesen) noch einen klinikeigenen Wochenend-Shuttle-Service „ins Dorf“ und einen Bargeld-Service am Empfang der Klinik. Beides fiel aber nach Corona und der Fusion mit dem Haus Diana dem Rotstift zum Opfer – wie auch manche der vorher recht zahlreichen abendlichen Freizeitangebote.

Was jetzt besonders die Wochenenden zu einer mächtig öden Veranstaltung werden lässt, wenn seitens Klinik kein Programm angeboten wird und viele Mitpatienten mit ihrem Besuch innerhalb und ausserhalb der Klinik unterwegs sind.
Insofern bin ich wirklich froh, dass es zumindest im Kreis der Raucher auch einige gab, denen es ähnlich ging wie mir – und dass ich mit dem Besuch meiner Liebsten wenigstens einmal die Möglichkeit hatte, auch mal was von der weiteren Umgebung zu sehen – den Einkauf von „Konterbande“ (Zigaretten) für meine ebenso mobilitätseingeschränken Mitpatienten eingeschlossen.

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Und sonst?

Ja, zu Essen gab es natürlich auch was – wenn auch keine Vollwertküche, dafür aber meist reichlich ( selbst für mich gelegentlich zu reichlich) und ohne besondere Highlights. Wobei schon auffiel, dass es mitunter eine heftige Diskrepanz zwischen den in den obligatorischen Ernährungkursen gepredigten Idealen und dem gab, was sie tatsächlich auf den Tellern fand. Rein vegane Ernährung wäre im HGZ nicht möglich und als echter Vegetarier hätte man wohl buchstäblich die A-Karte gezogen, auch wenn es Mittags ein vegetarisches Gericht gibt.
Wie überhaupt mit Bindemitteln, Kohlehydraten, Fett und Zucker nicht gerade gespart wird. Manche Sauce gelierte jedenfalls förmlich auf dem Teller.

Aber das ist wohl in jeder Reha-Klinik so, genau wie manche merkwürdigen bürokratischen Rituale:
Angefangen von der Aufnahmeprozedur über die „Einweisung“ im Klinik-Restaurant („Sie werden plaziert!!!“)

Zimmerservice am ersten Abend – da hatte ich noch keinen Platz im Speisesaal zugewiesen bekommen.
Im Gegensatz zu den meist übervollen Tellern zum Mittag eher spartanisch

bis hin zu Entlassung, die strengsten Regelungen unterliegt, bevor man endlich seinen vorläufigen Arztbrief erhält….

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Aber gut… diese Reha liegt ja nun hinter mir – und je nach Lust und Laune werde ich auf einzelne Punkte aus den drei Wochen noch mal gesondert eingehen, z.B. auf so Dinge wie das „Rotlichtviertel“, das „Wasserbett“ oder den „Massagestab“ als Teile meiner Therapie, wobei mir diese Stichworte momentan nur als Gedankenstütze dienen sollen und für Euch vielleicht so etwas wie ein „Cliffhanger“ sind bis es soweit ist.

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Bleibt aber noch eine letzte Anmerkung und die gleichzeitige Bitte um Entschuldigung, warum es nicht wie im letzten Beitrag angekündigt ein Reha-Tagebuch gab:

Weil es schlicht keinen Spass gemacht hat, auf dem furchtbar unbequemen Stuhl an dem viel zu hohen Schreibtisch sitzend längere Texte zu schreiben und meinen Rücken dabei noch weiter zu strapazieren – und weil es mir während der Rhea auch wichtiger war, mich von Angesicht zu Angesicht mit realen Menschen zu unterhalten, als alleine im stillen Kämmerlein am Rechner zu sitzen.

Tatsächlich hätte ich den Laptop eigentlich auch zuhause lassen können, so selten wie ich ihn in den letzten drei Wochen benutzt habe. Zum Nachrichten lesen und für die paar Kommentare bei meiner Liebsten hätte das Handy auch voll und ganz gereicht… :wacko:


In diesem Sinne:
Bleibt gesund und bleibt behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der froh ist, endlich wieder im eigenen Bett zu schlafen


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