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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Helles Licht

Guten Tag Euch allen!

Draussen scheint die Sonne, es ist warm, es ist Sommer – endlich!
Also eigentlich die beste Zeit für mich, um Frau Honda zu satteln und gemütlich über Land zu cruisen, vom Fahrtwind gekühlt und mir die Düfte in die Nase wehen lassend, die sich bei solchen Gelegenheiten immer bieten. Wobei natürlich auch die passende musikalische Untermalung im Helm nicht fehlen darf B-)

Aber wie wir alle wissen, geht genau das ja gerade nicht.
Denn was nützt mir die schönste Rollertour, wenn ich anschliessend auf der Bank vorm Haus (oder ggf. im Auto) nächtigen müsste, weil ich die Treppe nicht wieder hoch komme?
Und so bleibt für mich von diesem Sommer momentan nur der sehnsüchtige und träumende Blick aus dem Küchenfenster

und ein wenig Neid auf meine Liebste, die neben all dem, was ich ihr gerade aufbürde, wenigstens noch die kleinen Fluchten zwischendurch hat, wenn sie an der Alster oder auf der Bauernautobahn unterwegs ist und fotografiert.

Was ich ihr mehr als gönne, denn nur weil ich nicht raus kann, muss sie ja nicht auch zuhause hocken.

Wobei natürlich auch immer wieder die Frage auftaucht, was ich anfangen soll mit der Zeit, die mir gerade im Überfluss zur Verfügung steht – abgesehen von dem wenigen, was ich im Haushalt machen kann und von den zwei, drei täglichen Übungen auf der Treppe, die bisher noch keinen rechten Erfolg zeigen wollen?

Und da sind dann auch die Parallelen zu dem, was ich in meinem letzten Beitrag angesprochen habe. Denn viel sinnhaftes ist da gerade nicht drin.
Sinnhaftes im Sinne von, dass da am Ende ein Ergebnis, etwas Vorzeigbares stände.

Immerhin:
Lesen geht so langsam wieder, auch wenns für ein Buch noch nicht reicht – und schreiben auch, solange es nicht allzu komplex werden muss. (Was sich auch in den Blogbeiträgen der letzten Tage niedergeschlagen hat).
Und, wenn mich etwas wirklich packt (wie die Geschichte mit Claras Blog), dann schaffe ich es sogar langsam wieder, länger dabei zu bleiben und zu einem Ergebnis zu kommen.
Was mich inzwischen zu einem vorsichtigen „Es geht voran“ veranlasst, zu einem positiveren Blick auf das, was kommt.

Bleibt aber noch der Rest der Zeit, die ich zu füllen habe, bis ich in drei Wochen zur Reha fahren darf?
Was fange ich damit an mit meinen eingeschränkten Möglichkeiten?
Die Mediatheken der Fernsehsender habe ich schon leer geguckt, Youtube auch, soweit ich da für mich interessante Themen finden konnte. Auch zum stundenlangen daddeln in einem Onlinespiel (wie vor dem Krankenhaus, weil es mich am nachdenken gehindert hat) habe ich auch keine rechte Lust mehr.

Und selbst die Versuche der letzten Tage, das Rad neu zu erfinden (in Form einer neuen Blog-Tapete -darin konnte ich sonst immer tief eintauchen) konnten mich bisher nicht wirklich begeistern.
Was zum Teil wohl daran liegt, dass es mir immer noch an Phantasie und Kreativität mangelt, zum Teil aber auch daran, dass ich viel lieber etwas mit meinen Händen machen würde als mit Code-Schnipseln im virtuellen Raum.
Hammer, Säge, Schraubenzieher oder Lötkolben kämen mir also gerade recht – und irgendwas, was ich damit reparieren oder bauen könnte, wenn ich schon nicht raus kann.

Doch was nicht ist, das ist gerade nicht – und Ihr spürt vermutlich auch den Frust, der da gerade an mir nagt und nicht schon wieder die Oberhand gewinnen sollte.

-_-_-_-


Womit ich zu dem komme, was mich zur Überschrift dieses Beitrages inspiriert hat:

Ein Zufallsfund auf Youtube, ein neues Lied des Duos Max Prosa & Sascha Stiehler, beides Musiker, die ich schon lange kenne und durchaus schätze.

Wobei es mir dabei besonders der Text angetan hat, der an manchen Stellen wie gemacht für mich scheint und eine Menge Zuversicht ausstrahlt, also genau das vermittelt, was mir gerade manchmal fehlt:

Über uns scheint ein helles Licht
auf die Wüsten aus Stein
durchs gebrochene Herz
in die Seele hinein

Wer es sucht, heisst es
wird es auch finden.
Denn für alles was lebt geht es auf.
Für die, die nicht dran glauben,
für die scheint es auch.

Es geht auf nach ’nem einsamen Winter
Es geht auf, wenn nicht klar ist, wo lang.
Manchmal blickst Du nach innen
und siehst es erst dann.

(C) Max Prosa, Helles Licht

Mag sein, dass bei dieser Überlegung auch wieder mal mein alter Begleiter durchscheint, die Depression, die gefühlt trotz aller Besserung meiner Stimmung immer noch in meinem Hinterkopf lauert – und die sich bei allem, was mir gerade nicht gelingen mag, stets gleich wieder in den Vordergrund drängeln will.
Gerade an so Tagen wie heute.

Doch diesen Triumph mag ich ihr nicht gönnen, auch wenn es manchmal nicht einfach ist, gegen die Novembergedanken anzukämpfen. Schliesslich kommen auch wieder andere Zeiten – vielleicht schon bald, vielleicht nach der Reha, vielleicht erst in ein paar Monaten.
Wer weiss das schon?

Bis dahin helfen mir auf jeden Fall auch Musik und solche Texte wie der in diesem Lied.
Und die Hoffnung auf das helle Licht, was auch für mich scheint und nun erst wieder entdeckt werden will.


Habt trotzdem einen wunderbaren Tag und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der schon seit Tagen auf diesem Text herumdenkt und immer wieder gezögert hat, ihn zu schreiben und zu veröffentlichen


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