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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Und Marx stand still in Darwins Garten – Roman

Es ist zwar nie passiert, dass diese beiden Herren sich begegnet sind, aber es hätte passieren können, zumal Karl Marx und Charles Darwin im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts gerade mal zwanzig Meilen voneinander entfernt in London und in der Grafschaft Kent gelebt haben und auch von der Arbeit des jeweils anderen gewusst haben.
Auf dieser Idee basiert der Roman von Ilona Jerger, der durchaus tiefgründig  und bisweilen sogar recht philosophisch angelegt ist, ohne dabei seine heitere Grundstimmung zu verlassen.

Und Marx stand still in Darwins Garten
Von Ilona Jerger

Verknüpft werden die beiden Namensgeber über die fiktive Figur eines Arztes( Dr. Beckett), der beide behandelt und so Gelegenheit bekommt, tiefen Einblick in ihre Gedankenwelt zu nehmen und ihre Ideen mit ihnen zu diskutieren. Dabei stellt sich heraus, dass es bei allen Unterschieden auch eine Reihe von Gemeinsamkeiten zwischen dem alternden Wissenschaftler Darwin und dem Revolutionär Marx gibt – nicht nur, was ihren Umgang mit Alter und Krankheit angeht:

Während der eine – mehr Forscher und Beobachter – darüber seinen alt hergebrachten Glauben an eine göttliche Schöpfung verloren hat, kämpft der andere gegen jede Form von Religion an, weil sie seine Vision von der Gleichheit aller Menschen stört – was beide im Ergebnis in der damaligen Zeit zum Widersacher jeglichen kirchlich geprägten Glaubensdogmas macht und in Aussenseiterrollen drängt, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung:
Darwin bleibt trotzdem gesellschaftlich anerkannt, während Marx aus Preussen fliehen und verarmt und verbittert im Exil leben muss…..

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Der Klappentext – durchaus treffend und für mich ein Grund das Buch zu lesen:

England, 1881. Zwei bedeutende Männer leben nur wenige Meilen voneinander entfernt: Charles Darwin in einem Pfarrhaus in Kent und Karl Marx mitten in London. Beide haben mit ihren Werken, der eine zur Evolution, der andere zur Revolution, die Welt für immer verändert. Beide wissen es und sind stolz darauf. Und doch sind sie schlaflos und melancholisch. Darwin hat den Schöpfer abgeschafft, fühlt sich missverstanden und forscht inzwischen still am Regenwurm. Marx grollt der Welt, wartet ungeduldig auf ein mutiges Proletariat, das den Kapitalismus hinwegfegt, verzettelt sich beim Schreiben und kommt über Band 1 des ‚Kapitals‘ nicht hinaus. Eines Abends begegnen sich die beiden bei einem Dinner zum ersten Mal. Schnell kreist ihre Diskussion um Gott und Gerechtigkeit — doch unausweichlich kommt es zum Streit, und der Abend endet in einem Eklat. Dennoch haben der großbürgerliche Naturforscher und der ewig klamme Revolutionär mehr gemeinsam, als sie sich eingestehen wollen.

In ihrem wunderbaren Roman verbindet Ilona Jerger Fabulierlust mit wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Erkenntnissen, die den Weltenlauf maßgeblich beeinflusst haben. Ein warmherziges und humorvolles Porträt zweier großer Männer, deren Disput zeitgemäßer nicht sein könnte.

Faszinierend an diesem Buch ist für mich die Lebendigkeit und Menschlichkeit  der handelnden Figuren, die zeigt, dass die Autorin eine Menge Recherche-Arbeit in diesen Roman gesteckt hat.
Unter anderem dadurch, dass sie sich sehr ausgiebig mit dem nachgelassenen Schriftwechseln der beiden und (im Falle Darwins) mit seinen Forschungsarbeiten sowie (bei Marx)  mit seinen humanistischen Ideen auseinandergesetzt hat, womit es ihr gelingt,  die Gedankenwelt der Herren sehr dezidiert in ihre Dialoge einfliessen zu lassen und auch die Differenzen beider Sichtweisen herauszuarbeiten – nicht ohne dabei immer wieder auf die Frage nach Gott zurück zu kommen, den beide aus unterschiedlichen Gründen als nicht existent betrachten.
Wobei sie auch einen Kompromiss anbietet, den der zweifelnde Darwin im Angesicht seines eigenen Todes aber ablehnt – die Pascalsche Wette:

„»Der alte Pascal wendet sich an die Menschen, die sich nicht von Gottesbeweisen überzeugen lassen. Also an zweifelnde Esel wie dich. Statt mit Beweisen herumzuhantieren, die alle ihre Schwächen haben, wettet man auf Gott.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Ganz einfach:
Wenn du an Gott glaubst, und es stellt sich heraus, dass es einen gibt, hast du gewonnen und du fährst gen Himmel.
Wenn du hingegen nicht an Gott glaubst und es doch einen gibt, dann verlierst du die Wette und fährst zur Hölle.
Und wenn du an Gott glaubst, und es stellt sich heraus, dass es keinen gibt, hast du zwar verloren, aber eigentlich nicht viel.
Also wette, dass es ihn gibt! Das ist in jedem Fall die bessere Wahl. Denn du setzt mit wenig Einsatz auf einen satten Gewinn – die ewige Seligkeit.«
»Ich bin kein Spieler. Wenigstens nicht auf diesem Gebiet.«“

Bleibt zusammenfassend für mich das Fazit, dass dieses Buch für mich eine echte Entdeckung war – lesenswert, lehrreich und wirklich unterhaltsam von der ersten bis zur letzten Seite.


Womit sich auch ganz klar ergibt, dass es von mir fünf Sterne bekommt.


Und wie immer:
Bleibt gesund und bleibt behütet!

Wir lesen uns


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- 2 Bemerkungen zu “Und Marx stand still in Darwins Garten – Roman

  1. Du liest viel und schnell und es macht Spaß deine Rezensionen zu lesen. Wenn mein Stapel nicht schon so hoch wäre, dieses Buch käme auch drauf. Aber erst mal den momentanen abbauen und dann einen neuen Stapel aufbauen … ;)

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