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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Thank You for the Music

Gestern nachmittag wurde im Radio genau der Titel der schwedischen Popgruppe ABBA gespielt, der nun auch für meine Überschrift und als Inspiration für diesen Text herhalten muss:

Eigentlich nichts besonders, denn ABBA kommt in meinem bevorzugten Radioprogramm öfter mal vor – und ist deshalb unter normalen Umständen auch kein Grund, sich dazu weitere Gedanken zu machen.

Wäre da nicht kurz die Idee aufgeblitzt, ich könne ja mal wieder ein Album dieser Gruppe hören – aus rein nostalgischen Gründen und mit dem Hintergedanken, ob das nicht auch für einen Musik- Vorschlag  hier im Blog taugen könnte….
Ein Gedanke, von dem ich jedoch schnell wieder Abstand genommen habe, nachdem ich die ersten drei Titel gehört hatte. Schlicht, weil Pop-Musik im Allgemeinen und ABBA im Besonderen noch nie so wirklich „meins“ war und es auch bis heute noch nicht geworden ist.. ..

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Wobei – ich gebe es zu – ABBA (und speziell die blonde Sängerin Agneta – wie auch noch ein paar andere weibliche Pop-Schönheiten der 70er Jahre ) eine Zeitlang wirklich mal mein Interesse erregt haben – allerdings weniger ihrer Musik wegen, sondern eher ihren optischen Qualitäten und meinem schwärmerischen  pupertären Interesse am anderen Geschlecht geschuldet.
Eine Motivation, mit der ich nicht alleine war, denn damals war das wohl (keiner gab das gerne zu, aber jeder hatte ABBA-Platten) auch bei vielen Jungs aus meinem Freundeskreis so, obwohl wir eigentlich musikalisch ganz anders unterwegs waren:
Rock(-n-Roll) wurde beispielsweise gerne gehört, Beat,  ein wenig Metal,  aber (je nach Stimmung) auch (irish) Folk, ein wenig Country (Johnny Cash, Chris Christoffersen) und dazu noch amerikanische Singer/Songwriter wie Bob Dylon, Simon&Garfunkel, Gordon Lightfood oder Joan Baez, und  durchaus auch deutsche Liedermacher wie Ulrich Roski, Reinhard Mey, Hannes Wader und (wer kennt die noch? )Schobert&Black, Witthüser& Westrupp, Hölderlin oder Singspiel usw. , ohne dass die Aufzählung jetzt einen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.
Nur „deutsche Schlager“ gingen überhaupt nicht, genauso wenig wie Volksmusik a la Oberkrainer oder ( noch schlimmer) Heino…
Also damals im Prinzip schon genau so, wie mein Musikgeschmack auch heute noch ist….

Wozu bei mir auch in jungen Jahren schon eine durch meinen Onkel induzierte ausgeprägte Affinität für klassische Musik – insbesondere der Renaissance und des Barock – aufkam. Was damals auf meine Altersgenossen eher befremdlich gewirkt haben muss.
So befremdlich, dass eine junge Dame, die mich seinerzeit (etwa 1973 oder 1974) im Zustand jugendlicher Verliebtheit  zu ihrem „zeitweiligen Lebensabschnittsgefährten“ auserkoren hatte, von diesem Vorhaben ziemlich schnell wieder Abstand nahm, nachdem sie zum ersten Mal meinen Plattenschrank gefilzt und darin eine ganze Sammlung vom Onkels vererbter Klassik-Aufnahmen gefunden hatte .
Schlicht, weil sie meinen Musikgeschmack  und den „ollen Schei..“ ziemlich „ungeil“ fand, wie sie anschliessend im Freundeskreis betonte:

„Der hat ja nicht mal was von Maffay!“
(und auch von Christian Anders und einem gewissen Michael Holm war gerüchteweise die Rede)

Eine heftige Pleite für mich damals 15-jährigen, die aber in der Rückschau auch kein unverschmerzbarer Verlust gewesen ist:
Denn die Klassik-Platten  haben mich danach noch lange Jahre und über mehrere Beziehungen hinweg begleitet, während die sich anbahnenden ersten zarten Bande vermutlich doch nur ein paar Wochen oder Monate gehalten hätten.
Wenn überhaupt….. so wie wir damals allesamt drauf waren
Und ausserdem blieb mir seinerzeit der Kauf einer ersten Maffay-Platte von meinem spärlichen Lehrlings-Einkommen erspart – der kam dann erst später, als meine Tochter zum Tabaluga-Fan wurde…

Immerhin zeigt diese frühe Episode aber , wie sehr Musik schon damals Einfluss auf mein Leben nahm.
Ungewollt zwar, aber nachhaltig – wie auch noch Jahre später, als ausgerechnet Pop-Musik von Rosenstolz eine Rolle dabei spielte, wie meine Liebste und ich uns kennengelernt haben….
Doch das ist wieder eine andere Geschichte, die zu erzählen an dieser Stelle zu weit führen würde….

„Thank You for the Music“

also auch in diesem Fall, auch wenn das von ABBA vermutlich ganz anders gemeint war.

-_-_-_-

Wobei aber unzweifelhaft ist, dass Musik in beinahe jeder Form auch im täglichen Leben viel Einfluss auf mich hat –  ja, als Medizin manchmal sogar hilft, mich aus tiefen Stimmungslöchern zu holen. Denn es passt wirklich auch für mich, was Reinhard Mey in einem Liedtext so beschrieb:

Schon wenn der erste Ton erklingt,
beginnt der Raum zu atmen und zu leben,
ist es wie ein Erschauern, wie ein Schweben,
Als ob ein Zauber uns bezwingt.
Und eine Melodie befreit
uns aus dem Irrgarten unsrer Gedanken
Und öffnet alle Schleusen, alle Schranken
unserer Seele weit.
Und löst uns los von Raum und Zeit
und aus der engen Dunkelheit,
Tragen die Töne ein Gedicht
auf bunten Flügeln in das Licht,

Solange es keine Pop-Musik ist…..
Sorry Agneta – aber danke für die kleine Inspiration!


In diesem Sinne wünsche ich euch allen einen wunderbaren Tag.
Bleibt gesund und bleibt behütet.
Wir lesen uns.
Der Wilhem


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- 7 Bemerkungen zu “Thank You for the Music

  1. Nicht nur Rosenstolz hat damals eine Rolle gespielt :-) Aber vielleicht erzählst Du die Geschichte ja mal, die dann in einer nun bald 14 jährigen Ehe ihren Höhepunkt hat.

  2. Rosenstolz begleitete mich während einer schwierigen Lebensspanne. Nahegebracht haben sie mir zwei Männer, die ich während einer Reha vor 20 Jahren kennen- und liebengelernt habe. Während diese Liebe bis heute fortbesteht (nein, keine romantische, die Männer sind an Frauen nicht interessiert, aber eine sehr, sehr tiefe freundschaftliche Verbundenheit), gehört Rosenstolz der Vergangenheit an. Für Klassik hat mir mein Mann das Herz geöffnet, ebenso wie für Jazz und Blues. Für einen echten Alt-68er eher ungewöhnlich, aber zu seinem Repertoire gehörte natürlich auch die ganze Rockgeschichte jener Zeit. Eher die Stonesfraktion, nicht die Beatles. Mein Musikgeschmack hat sich im Laufe der Jahrzehnte breit gefächert. Nur muss ich ehrlich gestehen, dass ich mit der heutigen Musik nichts fangen kann. Ich höre sie und vergesse sie auch wieder. Nur wenige Sänger und Gruppen animieren mich zur Recherche. Jetzt beginnt wieder die Zeit, in der wir vermehrt Bach hören werden.
    Gestern erzählte mir eine Enkelin, dass sie in der nächsten, der 3.Klasse, Klavier lernen möchte. Ihr Vater hat in dem Alter Violine gelernt und stieg später auf Bratsche um. Leider hörte er in der Oberschule wieder auf, was nicht nur seine Lehrerin sehr bedauerte, denn er spielte ausgesprochen gut. Nun hoffe ich, dass seine Tochter ihre Liebe zur Musik an diesem Instrument vertiefen kann. Da sie auf eine Schule mit musikalischem Schwerpunkt geht, ist die Chance dafür sehr groß. Ich bedaure es zutiefst, dass ich kein Instrument richtig spielen kann, denn das bietet die Möglichkeit, alle Gefühle in Töne umzusetzen.
    Liebe Grüße schickt
    Elvira

    1. Oh, Herzlich Willkommen, Elvira :-)

      „Nur muss ich ehrlich gestehen, dass ich mit der heutigen Musik nichts fangen kann. Ich höre sie und vergesse sie auch wieder. Nur wenige Sänger und Gruppen animieren mich zur Recherche. Jetzt beginnt wieder die Zeit, in der wir vermehrt Bach hören werden.“

      Der Satz könnte so auch von mir stammen!
      Was moderne Musik angeht sowieso, denn je mehr Rap und immer gleich klingende Sängerinnen mit „Micki-Mouse“-Stimme oder (in unserm Land gerade wohl üblich) weinerlich-soft klingende Sänger die Musiklandschaft bestimmen, um so weiter entfernt sich das von dem, was ich gerne hören möchte.
      Vielleicht eine Alterserscheinung, aber bis auf ganz wenige Ausnahmen muss ich mir das nicht (mehr) antun.
      Klassik hingegen – wie Bach, aber auch Monteverdi, Gabrieli, Purcell, Schütz (um nur einige meiner Favoriten zu nennen) empfinde ich zunehmend als zeitlos und zu jeder Gelegenheit zu hören. Nicht ausschliesslich zwar, aber doch immer öfter und ausdauernder….ohne Rücksicht auf Jahreszeiten.
      (Und sicher auch ein Thema, mit dem ich mich auch hier nochmal ausführlicher beschäftigen werde)

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