Was mir wirklich fehlt, ist der Aufschrei in unserm Land über eine Politik, die zulässt was gerade mitten in Europa passiert, dokumentiert beispielsweise durch Videos wie das eines Arztes, der gerade auf Lesbos ist und eindrücklich schildert, wie dramatisch die Lage für die Menschen ist, nachdem das Flüchtlingslager vor einer Woche angezündet wurde.
Eine Politik, bestimmt von einem verbiesterten alten Mann, dem Prinzipien mehr wert sind als Menschenleben – entgegen vieler anderer Stimmen, die eine humanistische Lösung einfordern, ja sogar einen Alleingang unseres Landes entgegen aller europapolitischen Räson – Stimmen auch aus dem politischen Lager, dem der Hardliner Seehofer angehört. Inklusive inzwischen aller potientiellen Kanzlerkandidaten, denn selbst Herr Söder hat – wenn auch spät – von „Christenpflicht“ gesprochen und davon, dass:
„Da muss Deutschland einen substanziellen Beitrag bringen. Das ist machbar und umsetzbar – da sehe ich nicht so das große Problem.“
Was mir persönlich viel zu schwammig ist und eher so wirkt, als ob da aus Kalkül mit markigen Worten in ein Horn gestossen werden soll, was andere schon lange angeblasen haben.
Geht das denn nicht konkreter, Herr Söder?
Oder könnte das dem Macher-Image schaden, welches im Verlauf der Corona-Krise aufgebaut wurde, auch fussend auf bayerischen Alleingängen?
Konkurrent Laschet war da doch etwas deutlicher mit seinem Angebot, wenigstens tausend Menschen in seinem Bundesland unterbringen zu wollen. Gar nicht zu reden von einem Herrn Röttgen, der sogar eine Zahl von Fünftausend für vorstellbar hält – was zwar eine merkbare Entlastung des Situation auf Lesbos bringen könnte, aber auch keine endgültige Lösung wäre, solange dieser Schandfleck weiter besteht.
Und auch dieser Satz passt nicht zum Macher-Image, sondern klingt gleich wieder nach Einschränkung, nach Hände in Unschuld waschen, wenn keine Lösung zustande kommt:
„Man werde in der Koalition jetzt darüber sprechen. Gleichzeitig betonte er, dass die Migrationspolitik europäisch gelöst werden müsse und es keinen deutschen Alleingang geben dürfe: „Was wir nicht machen können: Wieder ins Jahr 2015 zurückkehren, ohne Regeln, ohne Vorstellung.“ „
Also nichts begriffen, Herr Söder?
Es ist jetzt nicht die Zeit zum Reden, sondern die Zeit zum Handeln!
Und da könnte Bayern gerne mit gutem Beispiel vorangehen – an anderen Stellen ging das ja auch. Vielleicht würden dann ja auch die anderen Bundesländer mitziehen und nicht auf eine entscheidungunfähige Bundespolitik warten?
Nur zu Erinnerung:
Die Menschen auf Lesbos leben jetzt auf der Strasse, ohne ausreichend Nahrung, Wasser, Kleidung, Toiletten, medizinische Versorgung und ohne feste Unterkünfte.
Steine sind schon geflogen und Tränengas.
Und es ist nur noch ein Frage der Zeit, wann die ersten Toten zu beklagen sind.
Da reichen markige Worte nicht, oder fadenscheinige Hilfe zum Bau von notdürfigen Ersatzlagern, in denen es nicht besser wird als es bisher schon war
Reden sollte man sicher auch.
Aber erst, wenn diesen Menschen wirklich geholfen ist – und darüber, warum in unserem Land verbohrte alte Männer menschliche Lösungen im Alleingang verhindern können und die Kanzlerin dazu tagelang schweigt.
-_-_-_-
Danke Euch fürs Lesen, aber das musste jetzt einfach raus.
Alles andere kann warten.
Bleibt gesund und bleibt behütet.
Wir lesen uns.
Der Wilhelm
-11-